Meyerson’s Niedergang und Aufstieg

 

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Texte der Welt — picture by Meyerson

 

 

Ja, es war dieser Mai 2013. Meyerson hatte nun endlich seinen Niedergang realisiert und Konsequenzen gezogen. Bisher war es eigentlich bei ihm immer bergauf gegangen. Seinem frühen jugendlichen Protest treu geblieben sich bestimmten Funktionen und Bedürfnissen dieser Gesellschaft nicht kompatibel zu ergeben, hat er sich von seinen frühen Hilfsjobs über eine kreative Selbstständigkeit seinen Lebensunterhalt ganz gut erarbeiten können. Die Relation Arbeitseinsatz-Entlohnung stimmte noch. Er konnte sich in Berlin Kreuzberg ein Loft mit Dachterasse in einem Kulturdenkmal einer alten Brauerei aus der vorletzten Jahrhundertwende leisten. Dies natürlich nur zur Miete (1300,- € warm), aber er fühlte sich hier wohl. Hier war nun seine Heimat.

 

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Schmiedehof vor der Invasion der Aktienverweigerer

 

Kreuzberg, früher gemieden von Leuten mit Geld, weil es ja so weit ab von aller Zentrierung irgendwelcher Gelüste gewesen war und es noch den Aktienmarkt gegeben hat, wo man erfolgreich zocken konnte, war die Domaine der Kreativen. – Und Kreative wollen kein Geld verdienen, sie wollen Bewegung installieren, für sich Selbst und alle anderen. Deswegen war Meyerson auch 1992 nach Berlin gegangen. Er hatte viele Jahre im Prenzlauer Berg in einer Fabriketage gelebt. 160 qm für 2,- € den Quadratmeter. Hier gab es noch Einschusslöcher vom letzten Krieg aber Kampe konnte in seiner Etage Wände einreißen oder auch neu bauen. Er konnte hier arbeiten und frei leben ohne 45% seines Einkommens an Miete zu zahlen. Die Miete wurde dann im Prenzlauer Berg unvergleichsmäßig erhöht, um eigentlich die Mieter heraus zu bekommen. 2003 sind die Etagen nach der Renovierung verkauft worden. Einmal an Wolfgang Joop und einmal an Tom Tykwer. Ja, hier konnte Meyerson nicht mithalten. 2013 wird schon wieder verkauft. Die dritte Etage, hier hatten zu seiner Zeit noch Tischler gearbeitet (Berlin war berühmt für seinen Mix von Gewerbe und Wohnen), hier wurden zahlreiche Partys gefeiert. Nun wird die Etage zu einem Preis von 990.000 € angeboten. Ich frage mich, welche Art von Mensch zieht hier ein und wie alleine ist jemand, der so viel Geld hat?

 

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Kastanienalle nach der Modernisierung

 

Meyerson allemal zog schon 2003 wieder nach Kreuzberg. Hier zahlte er für das Objekt seiner Begierde nun zwar 8,- € den Quadratmeter, sündhaft teuer in Berlin zur damaligen Zeit, aber er hatte sich in die alte Bausubstanz der Brauerei verliebt und er verdiente mit seiner eigenen Arbeit den Mitzins. Er war auf der Gewinner Seite. Aber es kam dann das Jahr 2013. Finanzielle Einnahmensverluste, die Auswüchse der allgemeinen Krise seit 2008, ließen Meyerson die Miete nicht mehr leisten können. Eigentlich war er immer besser und effizienter in seiner Arbeit geworden, er hatte mehr Ausstoß an Ideen und erarbeitete sich auch immer bessere Vertriebsstrukturen, trotz alledem, die Forderungen Dritter, sei es Finanzamt, Krankenkasse, betriebliche Versicherungen oder die Verteuerungen von Rohstoffen, von Hardware, von Providern, es war nicht mehr tragbar. Es war zuviel. Die Forderung der Eigentümer seiner Wohnung, diese über seine Miete in 20 Jahren zu finanzieren, war nicht mehr erfüllbar.

Die Miete war 43,- € am Tag. Für diesen Preis kann man mit http://airbnb.com in aller Welt schöne Unterkünfte buchen. Also entschloss Meyerson sich auf die Reise zu gehen. Diese Reise soll nun in Beiträgen auf dieser Site in lockeren Abständen verfolgt werden.

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